Leseprobe "Wie die Frangipani-Blüten im Wind"
Prolog
Lena
Langsam trat ich am Bahnhof in die Sonne hinaus und schulterte meine Tasche. Zwei Wochen war ich auf der Fortbildung gewesen und ich war froh, wieder zu Hause zu sein. Suchend sah ich mich auf dem Parkplatz um. Irgendwo sollte Carl mit dem Auto stehen. Zumindest hatte er versprochen, mich abzuholen. Endlich entdeckte ich seinen schwarzen Passat zwischen zwei anderen Wagen. Schnellen Schrittes näherte ich mich dem Wagen, da hörte ich seine Stimme. Er hatte das Fenster auf der Fahrerseite unten und telefonierte über die Freisprechanlage. Überrascht blieb ich stehen. Telefonierte er mit Sarah? Ja, das war eindeutig die Stimme meiner besten Freundin.
„Schade, dass Lena heute schon zurückkommt, die intensive Zeit mit dir habe ich genossen“, flötete sie gerade.
„Ja, aber wir sehen uns wie immer Freitag, wenn Lena im Training ist.“
„Nicht vorher?“
„Vielleicht spontan“, gab er nach.
„Na gut. Ich liebe dich.“
„Ich dich …“
Endlich löste ich mich aus meiner Erstarrung. Mit zwei Schritten war ich am Auto, riss wütend die Beifahrertür auf.
Mit vor Schreck geweiteten Augen sah Carl mich an.
„Schatz? Schatz? Bist du noch dran?“, tönte es aus den Lautsprechern.
Hektisch drückte mein Freund auf den Knöpfen am Lenkrad herum. So lange bis Sarahs Stimme erstarb. Dann fuhr er sich durch die Haare, setzte ein Lächeln auf und wandte sich mir zu. „Lena! Da bist du ja schon. War die Bahn endlich einmal pünktlich?“
Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Innerlich bebte ich. War das alles gerade wirklich passiert? „Was soll das?“
Seine Augen wurden groß. „Was soll was? Ich bin hier, um dich abzuholen …“
Wütend schnitt ich ihm das Wort ab. „Das mit Sarah!“
„Was? Sarah? Ich weiß nicht, was du meinst.“
Das schlug dem Fass den Boden aus. „Wie lange läuft das schon?“
„Ich weiß immer noch nicht, was du meinst.“
Mit der flachen Hand schlug ich aufs Autodach. „Verkauf mich nicht für dumm, Carl. Ich habe euer Liebesgesäusel gehört. Seit wann?“
Seine Schultern sanken nach vorne und er gab seinen Widerstand auf. „Im Juli ist es ein Jahr.“
Tief in mir drin spürte ich, wie etwas zerbrach. Ein Jahr. Seit einem ganzen Jahr spielte er mir den liebenden Freund vor. Traf sich heimlich mit meiner besten Freundin. Ich warf die Autotür zu, wandte mich um und ging davon.
„Lena! Lena, so warte doch. Lass dir doch erklären.“ Ich hörte, wie er die Autotür öffnete und seine schnellen Schritte auf dem Asphalt, die mir folgten. Kurz darauf fasste er mich am Arm. „Lena, bitte.“
Wütend wirbelte ich zu ihm herum. Schrie ihn an: „Geh Carl. Geh! Bevor ich mich vergesse.“
„Aber …“
Ich riss mich los, stolperte rückwärts, drehte mich dann erneut um und eilte weiter. Ich musste hier weg. Weit weg.
Im Bus starrte ich vor mich hin. Immer noch begriff ich nicht, wie ich hatte so blind sein können. Wo waren meine Aufmerksamkeit und meine Kombinationsfähigkeit als Polizistin geblieben? Warum hatte ich nichts bemerkt, nichts gespürt?
Immer wieder verschleierten Tränen meinen Blick, doch ich weinte sie nicht. Fassungslosigkeit und Wut beherrschten mich. Wie gern hätte ich Carl einfach eine verpasst. Erst als ich endlich vor der Haustür meiner Eltern stand, wandelte sich alles. Wurde die Wut zu Schmerz, Fassungslosigkeit zu Verlust und als meine Mutter die Tür öffnete, fiel ich weinend in ihre Arme.
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